Deutsch - Französischer Partnerschaftsausschuss Stadecken-Elsheim und Rupt-sur-Moselle
Eine lebendige Partnerschaft zwischen Deutschen und Franzosen

Reisebericht 2019 von Annika Horstmann

Reisebericht  Rupt-sur-Moselle  2019

Ganz unwissend, wer und was mich die kommenden Tage erwarten würde, stieg ich in den buntbedruckten Gemeindevan von Stadecken-Elsheim und machte es mir in der mittleren Reihe neben Pierre Renard bequem.

Über meine Mutter, die seit geraumer Zeit sehr motiviert ist ihr in Vergessenheit geratenes Schulfranzösisch aufzubessern und infolgedessen Kurse besucht und Mitglied beim Partnerschaftsaustausch wurde, erfuhr ich von Rupt-sur-Moselle, der französischen Partnergemeinde Stadecken-Elsheims in den Vogesen und den immer abwechselnden alljährlichen Besuchen der Deutschen in Rupt oder derer Austauschfamilien in Rheinhessen.

Da auch ich meine zeitlich zwar noch nicht ganz so weit entfernt erlernten, aber dennoch gut verdrängten Sprachkenntnisse auffrischen und gerne unser schönes Nachbarland näher kennenlernen möchte, bekundete ich sofort Interesse daran mitzufahren ohne zu wissen, worauf ich mich eigentlich einließ.

Dementsprechend aufgeregt war ich während der geschwätzigen Hinfahrt ins Unbekannte, war ich mit meinen 20 Jahren doch die einzige meiner Altersklasse, die sich in den insgesamt drei Fahrzeugen befand, die gemeinsam den Weg über die französische Grenze fanden.

Doch schon nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass das Alter auf dieser Reise keine Rolle spielte, weil alle Mitreisenden – von den Kindern des Bürgermeisters bis hin zum pensionierten Beamten – offen und freundlich aufeinander zugingen und man leicht mit ihnen ins Gespräch kam.

Die Zeit während der Fahrt verflog schnell und kaum sahen wir die gleichmäßig geformten, dunkelgrünen Berge der Vogesen gemächlich auf uns zu rollen, waren wir schon auf dem Campingplatz in Rupt, wo wir das erste Paar absetzten.

Nun wurde nach und nach jeder zu seiner Gastfamilie oder seinem Hotel gebracht, wo man bis zum Abend Zeit hatte erst einmal das Gepäck abzuladen und sich mit dem vorübergehenden Zuhause vertraut zu machen.

Auch dieses Zeitfenster schloss sich wieder schnell und kaum hatten meine Mutter und ich unsere sehr zuvorkommende Gastfamilie, die Henrys, begrüßt, unser gemütliches Gästezimmer mit Cowboy-Tapete betreten und eine Hausführung vom Nesthäkchen der Familie bekommen, stand auch schon wieder der vertraute kleine Bus aus der Heimat vor der Haustür, um uns für den ersten Programmpunkt abzuholen.

Entlang der flachen, schmalen Mosel, die sich glitzernd durch das hohe Gras,  vorbei an Kuhweiden und leicht heruntergekommenen, aber charmanten Häuschen schlängelte, führte uns unser Weg hinaus aus dem Tal, in dem Rupt-sur-Moselle sicher eingebettet liegt, und rauf in die bewaldeten, verwilderten Berge zu einem ursprünglichen, großen Bauernhaus aus Stein.

Es stand fernab jeglicher Siedlung, genau am Waldrand und so am Hang gelegen, dass man den perfekten Überblick über die malerische Landschaft hatte. Die einsetzende Dämmerung sorgte für leichte Abkühlung und die Gerüche des Waldes und der blühenden Wiesen schienen noch intensiver zu werden.

Als wir eintrafen, parkten schon zahlreiche Autos vor dem Gehöft und direkt nach dem Aussteigen verlor sich die Gruppe, mit der ich gekommen war, in der Menge an Menschen, die sich auf dem Anwesen tummelte – alle begrüßten sich, küssten sich, unterhielten sich angeregt, deutsch-französisch gemischt. Die Stimmung war herrlich und ich fühlte mich zwischen all den herzlichen Leuten gut aufgehoben. Im Laufe des Abends, der mit einem Apéretif begonnen und nach viel köstlichem Essen und Wein gemütlich an der wärmenden Glut der Feuerstelle beendet wurde,  lernte ich auch die Biker kennen, dir mir noch zu unverhofftem Glück verhelfen sollten.

Dazu aber später mehr, denn vorher möchte ich von den Erlebnissen meines ersten Tages in Rupt berichten!

Beim gemeinsamen Frühstück mit meiner Mutter und unserer Gastfamilie hatten wir die Gelegenheit einander alle ein bisschen näher kennenzulernen, was aufgrund der Sprachbarriere beiderseits gar nicht mal so einfach war – irgendwie war das Französisch sprechen am Vorabend mit vom Wein gelockerten Mundwerk und Gemüt viel flüssiger und freier vonstattengegangen.

Trotzdem schafften wir es zumindest erste Dinge voneinander zu erfahren und bald freundete ich mich mit dem neugierigen Jüngsten der Familie und der etwas schüchternen, aber trotzdem interessierten Teenagertochter  an.

Wie immer wussten meine Mutter und ich nicht, wo wir uns an dem Tag wann und mit wem treffen sollten, da warteten auch schon wieder Hélène und ihr Mann Reinhard vor unserem Haus auf uns, um uns mit dem Stadecken-Elsheimer Büsschen abzuholen.

Unser Ziel war „La montagne des lamas“ und der Name hielt, was er verspricht:

Die Straße führte uns immer höher und höher und ganz oben angekommen, betraten wir erst eine Holzhütte, die vor Lama-Souvenirs überquoll und dann einen Stall, in dem drei Lamas und Alpakas sich widerwillig von unzähligen Kinderhänden abtasten ließen, während ein Mitarbeiter (natürlich auf Französisch) Wissenswertes über die domestizierten Kamelarten zum Besten gab.

Als wir endlich das weitläufige Außengehege mit beeindruckender Aussicht über die atemberaubende Kulisse des französischen Mittelgebirges  betraten, lernten wir, dass die Alpakas eher schüchterne Zeitgenossen waren, die nur kurz vorbeikamen, um sich was zu knabbern abzuholen, während die Lamas uns schon von Weitem motiviert entgegen gelaufen kamen und auch nach Beendigung der Futtervergabe bei uns verweilten.

Weil auch die Menschen gerne essen, verschlug es uns anschließend in das zum Lamaberg dazugehörige Restaurant, in dem man uns eine traditionelle vogesische Speise servierte.

Bis zum Abend, an dem ein großer Empfang im Rathaus Rupt-sur-Moselles, anlässlich der deutsch-französischen Freundschaft stattfinden würde, hatten wir an diesem Nachmittag dann noch Zeit ganz in Ruhe einige BMX-fahrende Jugendliche am „Centre socioculturel“  dabei anzufeuern, wie sie über ihren selbstgebauten Parcours sausten und mit ihren Fahrrädern über einen rauchenden, kleinen Feuergraben sprangen.

Später beim Empfang hielten dann die Bürgermeister der beiden Partnergemeinden jeweils eine Rede, von denen ich leider nur die des deutschsprachigen Bürgermeisters Thomas Barth  vollständig verstehen konnte. Er rief allen Zuhörern noch einmal die Wichtigkeit der deutsch-französischen Freundschaft, vor allem auch in Hinblick auf unsere gemeinsame Vergangenheit im ersten und zweiten Weltkrieg, ins Gedächtnis und versicherte den nun schon seit 34 Jahren bestehenden Partnerschaftsaustausch zwischen Stadecken-Elsheim und Rupt-sur-Moselle im Zeichen dieser Freundschaft weiterführen zu wollen. Auch wurde sich bei den leitenden Organisatoren des Austausches, den Ehepaaren Reinhard & Hélène, ebenso Valérie & Jean-Jacques, zu Recht vielmals für deren Einsatz bedankt, der allen Anwesenden das diesjährige, sowie die vorangegangenen wunderschönen Wochenenden ermöglicht hat. Auch ich möchte auf diesem Wege nochmal meinen Dank an euch in diesen Reisebericht einfließen lassen, weil ihr wirklich Großartiges auf die Beine stellt! 

Natürlich wurde auf diese anregenden Reden der Bürgermeister angestoßen, nachdem man Geschenke verteilt und sich seine gegenseitige Wertschätzung ausgesprochen hatte und es lag wieder Lebensfreude in der Luft als sich die Gäste im Rathaus gebannt unterhielten und scherzten.

So wie am Abend zuvor waren auch heute wieder die Biker mit am Start und ich freute mich sehr sie zu sehen, waren sie doch so lustig und locker drauf. Also gesellte ich mich zu Ihnen und ehe ich es mich versah – ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam – bekam ich den Treffpunkt und die Uhrzeit für den Beginn der Motorradtour am nächsten Morgen verraten und hatte auch gleich schon eine Person gefunden, die mir einen Helm, Handschuhe und eine Jacke lieh.

Zwar fahre ich zu Hause selbst eine kleine, rote Vespa  – doch mit ihren süßen 50km/h, die mir, wenn ich drauf sitze auch schon ziemlich flott vorkommen, kann sie selbstverständlich nicht ansatzweise mit den Maschinen der Biker mithalten.

Voller Vorfreude, aber auch etwas an meiner Entscheidung zweifelnd, beschritt ich den restlichen Abend, den meine Mutter und ich mit der Bürgermeisterfamilie zusammen bei deren entzückenden Gastgebern verbrachten. Den Kopf voller Fantasien von den bevorstehenden Ereignissen schlief ich später schließlich auf meinem kleinen Klappbett unter dem geöffneten Dachfenster ein, durch das ich den klaren Sommerhimmel sehen konnte.

Am nächsten Morgen war es endlich soweit und pünktlich tauchte ich vor dem Intermarché, dem verabredeten Treffpunkt auf,  wo bereits die meisten der Biker in voller Montur neben ihren beeindruckenden Zweirädern standen. Kurz darauf lernte ich auch schon den Mann kennen, den ich die kommenden Stunden nur von hinten sehen würde: Jean-Luc; ein sehr sympathischer französischer Spaßvogel von dem die anderen sagten, dass er ein hervorragender Motorradfahrer sei. Beste Voraussetzungen also, um so eine unerfahrene Sozia wie mich mitzunehmen.

Zu meiner Freude dauerten die Vorbereitung und die Vorstellung nur kurz, sodass ich zeitnah auf dem überraschend hohen und bequemen Rücksitz der BMW-Maschine thronte und über den von der prallen Sonne erhitzten, flimmernden Asphalt flog. Hinter uns hatte sich schön in Reih und Glied eine ganze Kolonne aus Ducatis, Harleys und BMWs gebildet und da Jean-Luc und ich an der Spitze voran fuhren, hatten wir freie Fahrt und konnten auf der Autobahn ordentlich Gas geben.

Lange nicht mehr habe ich so ein Kribbeln im Bauch und so ein breites Dauergrinsen im Gesicht gehabt!

Wenig später erreichten wir unser erstes Etappenziel für den heutigen Tag: Le Fort d’Uxegney.

Während es draußen immer heißer wurde, sorgten die 2,5 Meter dicken Mauern der Verteidigungsanlage im Inneren für Kühlschrankklima. Wie eine Schulklasse schlurfte die deutschsprachige Gruppe, der ich mich aufgrund mangelnden Vertrauens in mein sprachliches Können angeschlossen hatte, dem älteren Herren nach, der uns jedes kleinste Detail über jede Nische des Forts verriet. Weil es niemals zum Einsatz gekommen war, sind die meisten Geräte in sehr gutem Zustand und heute noch funktionstüchtig, was uns der Guide auch bei jeder einzelnen Kanone, an der wir während der zweieinhalbstündigen Führung durch die Gemäuer vorbeikamen, ausführlich demonstrierte (aber ohne Munition natürlich).  Für meinen Geschmack war das ein etwas langatmiges Vergnügen, doch die folgende Motorradfahrt würde mich für alle Strapazen entschädigen.

Vorher sollte aber noch ein Picknick in einem benachbarten, kleineren Fort stattfinden, wo wir auch wieder auf die Fußgänger trafen. Frisch gestärkt schwangen wir uns daraufhin wieder auf die Motorräder und begannen die eigentliche, große Motorradtour, die hoch in die Berge, vorbei an türkisfarbenen Waldseen und durch die idyllischsten Dörfer verlief.

Bei jeder Serpentine, die sich anbahnte, zog sich mein Bauch vor Euphorie zusammen, weil ich es kaum erwarten konnte, wie wir ich uns mit dem Motorrad in die Kurve legen würden. 160 Kilometer legten wir an diesem Nachmittag zurück und ich glaube es gibt keine schönere Art die Vogesen zu erkunden als auf dem Sitz eines Motorrads.

Leider war dieser Tag schon der letzte vor der Abreise – zum krönenden Abschluss des Erlebten versammelten sich alle Franzosen und Deutschen im Centre socioculturel, um ein letztes gemeinsames Fest zu feiern. Zwei Live-Musiker leiteten die Festlichkeit angenehm ein, während wir Gäste genüsslich das mehrere Gänge umfassende Menü verspeisten. Mit fortschreitender Stunde stieg die Feierlaune im Saal immer weiter an und immer mehr Männer und Frauen trauten sich auf die Tanzfläche und hatten einfach nur Spaß. Ausgelassen wurde zu alten Hippiesongs, Liebesballaden, dem Macarena und vielen Hits das Tanzbein geschwungen, Deutsche und Franzosen brauchten keine Worte mehr, um sich zu verstehen und es wurde viel gelacht. Meine Mutter und ich tanzten bis zur Erschöpfung und liefen nachts glückselig durch die leeren Straßen der kleinen Stadt „nach Hause“.

Während ich diesen Text schrieb, durchlebte ich noch einmal all die schönen Momente und Erfahrungen, die der Partnerschaftsaustausch mit sich gebracht hat und ich bin sehr dankbar für die Vielseitigkeit und Qualität des Mitgenommenen.

Abgesehen von den sprachlichen Fertigkeiten, die ich allein durch die tägliche Praxis schnell verbessern und auch mit mehr Selbstbewusstsein anwenden konnte, hat der Austausch auch die Motivation in mir erweckt mich in meiner Freizeit mehr für Projekte einzusetzen, weil ich gesehen habe, was Tolles dabei rauskommen kann. Außerdem halte ich weiterhin Kontakt zur Tochter meiner Gastfamilie und hoffe sie nächstes Jahr bei uns zu Hause willkommen heißen zu können – außer sie habe ich während der vier Tage in Frankreich auch viele andere liebenswerte Menschen aller Altersgruppen kennengelernt, denen ich unter anderen Umständen wahrscheinlich niemals begegnet wäre und selbst wenn, wäre ich nie auf diese Weise mit ihnen Kontakt getreten.

Das war eine sehr schöne Erfahrung, genau wie all die gemeinsamen Ausflüge und Feste an sich und so kann ich als Fazit aus dem ganzen Partnerschaftsaustausch folgendes ziehen: Das Leben ist schön! :-)

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